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Liebe und Verwaltung

Monia

Von Monia

monias.org

Weit über ein Jahr haben wir an unserem Verständnis von Bildung gearbeitet, über Curricula sinniert, alles zerlegt, neu zusammengesetzt, uns überfordert und Heureka-Momente genossen. Jetzt wird es konkret. Wir haben die ersten Rituale gedacht und klare Entscheidungen getroffen, an welchen Stellen wir uns inhaltlich gar nicht einmischen möchten, sondern den Leidenschaften der Beteiligten den Raum geben. Wir haben eine Webseite und eine Online-Community eingerichtet und fühlten uns bereit, in die Welt zu gehen. Die ersten Dozent*innen sind zu uns gestoßen, die ersten Kurse gedacht, andere befinden sich in der Entwicklung.

Nun ist es an der Zeit, Prozesse zu gestalten, das "Bildungsmanagement" einzurichten. Plötzlich tauchen Fragen nach Formularen auf, nach Overhead-Planungen und Quoten fürs Marketing, nach konkreten Terminen und Zugangsvoraussetzungen. Und wir stellen fest, dass wir das nicht ganz so gut können. Irgendetwas in uns beginnt, in Verwaltungsformen zu denken und zu agieren.

Wir stellen fest, unsere Motivation geht zurück, es erscheint ermüdend, es taucht sogar bei aller Vorfreude ein wenig Angst auf, irgendetwas in uns schreit plötzlich nach abrechenbarer Perfektion. Immer wieder halten wir unsere eigenen Deadlines für den Start nicht ein. Ein seltsames Gemisch von Gefühlen, das wir so kurz vor dem Start nicht erwartet haben.

Unsere Reaktionen sind vielfältig: Philipp zieht sich ins Konzeptionelle zurück und überarbeitet fertige Kurse nochmal; Salome und Anne ziehen sich auf ihre Auftragnehmerinnenrolle zurück und warten auf konkrete To-Do-Listen, die irgendwie aus dem Nichts erscheinen sollen. Monia wird leicht zickig und fängt an, Druck aufzubauen, dass wir da hinsehen müssen, dass wir noch keine willkommene Welt sind, dass es noch viel zu tun gibt.

Dann, endlich, sprechen wir den Elefanten im Raum an: sind wir überhaupt motiviert, einen laufenden Seminarbetrieb zu gestalten oder wollen wir uns nur schönes Zeug ausdenken? Wie ernst nehmen wir eigentlich das konkrete gesellschaftliche Handeln? Wollen wir doch lieber nur schöne Visionen für Haltungswandel ersinnen und es dann irgendwelchen Menschen in die Hand drücken, den Umsetzer*innen übergeben (die dann die Fehler machen, während wie schön bewusst und heilig bleiben)?

Wir sind uns einig: all das gehört zu Bildungsräumen. Der Prozess ist eröffnet mit dem ersten Begegnungsmoment und alles, was und wie wir es tun, gehört dazu.

Doch wir wissen nicht, wie eine Verwaltung aussieht, die von Liebe gespeist ist.

Wir alle sind es weit mehr gewöhnt, den Veranstaltungstagen Liebe zu geben als all dem, was vorher und nachher stattfindet. Wir haben keine Vorbilder. Wir werden Fehler machen. Wie kalkuliert man Liebe? Wie bittet man mit Liebe um notwendige Informationen? Wie sieht eine Community-App der Liebe aus?

Wir wechseln den Kontext auf der Suche nach Inspiration. Philipp mochte als Lehrer das Klassenbuch nicht. Wie müsste ein Klassenbuch sein, damit es mit Liebe geführt und genutzt wird? Langsam beginnen wir zu verstehen... Ein großer Teil wäre automatisiert, um unnötige Arbeiten zu vermeiden. Es wäre gestaltet, gerne auch mit Glitzer. Es würde Reflexionsmomente für uns beinhalten und Begegnungsmomente mit anderen, auf die wir uns freuen. Wir eröffnen also das Projekt "Klassenbuch der Liebe" und widmen uns in den nächsten Wochen dem Versuch, einen Ablauf für unsere Dozent*innen und Teilnehmer*innen zu bauen, eine Umrahmung, einen Raum, der Bewusstsein & Gesellschaft bereits in sich enthält und von unserer Liebe gefüttert ist und es ihnen ermöglicht, bei ARLINA Heimat zu finden.

Wir haben noch keine Ahnung, wie das aussehen wird, aber wir sind bereit, die Trennung Bildung & Verwaltung aufzuheben und ARLINA als ein Ganzes zu betrachten.

Es wird uns nicht auf Anhieb gelingen und das macht uns Angst. Doch wir nehmen das Transformationsritual an, das darin für uns wartet: Wir werden die Spannungen in uns untersuchen, die zu dem Thema auftauchen und dem Schimmer folgen, mit dem die Welt uns einladen wird, neue Wege zu beschreiten. Wir werden das Thema mit in unsere Meditationen nehmen und das Versprechen ernst nehmen, alles Organisatorische mit derselben Liebe zu gestalten wie die Veranstaltungen selbst. Und wir werden mutig handeln, auch wenn wir keine Ahnung haben, ob wir es können.

Und - wie Philipp es abschließend formuliert - wir werden uns darauf konzentrieren, uns auf die Zukunft mit Euch zu freuen!